Tango spielen - mit einer Konzertina?

Tom
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Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Tom » 17. Jun 2020, 18:30

Hallo,
ich liebe argentinischen Tango, oder besser, was ich dafür halte. (Tangokurse und so...)
Weil ich schon ewig ein Instrument lernen will, dachte ich daran argentischen Tango mit einer Konzertina zu lernen. Dann bliebe auch mein Kopf noch besser im Training (denke ich mal...)
So - jetzt die Frage...kann ich überhaupt argentinischen Tango auf einer Konzerina spielen und lernen?
Wenn Tango, dann habe ich hauptsächlich im Zusammenhang mit Bandoneons aufgeschnappt - ein YouTube Video mit Tango+Konzertina.

Ein Bandoneon könnte ich mir nicht leisten, was ich so gesehen habe - die Konzertina scheint mir etwas erschwinglicher sein.

Kann ich hoffen...

Cheers, Tom

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Sebastian
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Sebastian » 17. Jun 2020, 19:40

Äh, die ganz kurze Antwort ist: Nein.

Die etwas längere Antwort ist: Na ja, kommt drauf an.

Der Bandoneonklang, den man bei Tango im Ohr hat, wird von alten Bandoneons gemacht, die im Wesentlichen in Oktavstimmung sind (zwei Stimmzungen pro Ton im Oktavabstand). Das waren halt die etwas billigeren Instrumente, die nach Südamerika exportiert wurden. Daneben gab’s hierzulande sehr viele Instrumente auch zusätzlich mit Tremoloklang, aber die waren teurer, und den Klang will man heute nicht mehr. Es gibt auch Bandoneon mit »logischerer« Tonbelegung, also einfacher zu greifen. Die wollen die Argentinofans aber auch nicht. Man sagt auch, sie klängen nicht so »echt«. (Kann ich nicht hören.)

Zu den Konzertinen: Die englischen und die anglo-deutschen Konzertinen haben jeweils nur eine Stimmzunge pro Ton und dadurch einen ganz anderen Klang. Sie scheiden also eigentlich aus. Die deutschen Konzertinen sind im Prinzip baugleich mit dem Bandoneon, haben aber eine andere Knopfbelegung, also andere Griffmuster, und zum Teil auch weniger Töne als die sog. Rheinische Lage des Bandoneons, die sie in Argentinien spielen.

Die ganz kleinen zweireihigen deutschen Konzertinen haben zwar oft Oktavstimmung, haben aber nur die Töne auf den weißen Tasten des Klaviers plus ein fis. Es fehlen also fast alle chromatischen Erweiterungen. Das ist zumindest für die entwickelte Tangomusik sehr hinderlich.

Die größeren deutschen Konzertinen sind die Carlsfelder und die Chemnitzer Konzertina. Die Carlsfelder wird z. B. in Brasilien gespielt und hört sich dann meist in etwa so an:



Die Chemnitzer wird mit erweitertem Bassteil in den USA gespielt und klingt dann meist ungefähr so:



Wahrscheinlich wäre ein gebrauchtes Pianoakkordeon mit 16'-8'-Registrierung eine Lösung … Ansonsten geht sicherlich auch Keyboard.

Aber vielleicht widerspricht mir ja auch jemand. ;)

Tom
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Tom » 18. Jun 2020, 15:48

Danke Sebastian, auch wenn das nicht gerade meinen Tangonerv trifft...

Und das hier, was ist das für ein Instrument:


Cheers, Tom

Tom
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Tom » 18. Jun 2020, 15:49

...Pub mag´ich eigentlich auch ganz gerne...was ist das für Eine? Also Instrument...


kawewue
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von kawewue » 18. Jun 2020, 16:48

Hallo Tom,

beides sind Duet Concertinas (gleichtönig und chromatisch). Ursprünglich gebaut für Berufsmusiker in den Music-Halls. Nicht so leicht zu lernen, aber sehr vielseitig zu verwenden. (Chromatisch: Es sind alle Töne und Halbtöne vorhanden). (Es gibt verschiedene Duet-Bauweisen: Hayden, Maccenn...)

Ich sehe bei dir eine Gefahr: Du hast dich als jemand vorgestellt, der "schon ewig ein Instrument" lernen will. Also nicht mehr "ganz jung" und ohne Musiziererfahrung. (Kein Problem! Das erste lässt sich nicht ändern, das zweite schon...).
Aber dann nimmst du dir Musik vor, die von Berufsmusikern vorgetragen wird bzw. bei engagierten Laien eine gewisse Spezialisierung voraussetzt.
Tango hat viele (schräge) Harmonien aus dem Jazz übernommen und ist rhythmisch ziemlich vertrackt. TIM (Trad. Irish Music) wird in halsbrecherischem Tempo gespielt, wer da mithalten will braucht ziemlich flinke Finger! Und ein Instrument, dessen Stimmzungen schnell anschlagen.

Beides nix für Anfänger! Und die entsprechenden Instrumente gibt es erst ab der mittleren Preisklasse.

Der Volxsmund tut Wahrheit kund: "Auch Zwerge haben mal klein angefangen!"

Zwei Möglichkeiten solltest du erwägen:
* Es soll eine Konzertina sein. Dann orientiere dich zum Anfangen musikalisch an Kinder- und Volksliedern, Tanzmusik. Besonders geeignet sind Melodien aus Gegenden, in denen Diatonische Akkordeons verbreitet sind. Das Einsteigerinstrument ist oft die Deutsche Konzertina. Der Umstieg auf eine Anglo für TIM ist dann gar nicht schwer.
* Es soll Tango sein. Dann vielleicht mit einem Akkordeon anfangen. Warum? Es gibt überall Akkordeonkurse und LehrerInnen, und es gibt genügend Tangoliteratur für diese Instrumente in allen Schwierigkeitsstufen.

Gruß, Klaus

P.S. Ich habe mich für den ersten Weg entschieden und bin beim Einsteigerinstrument geblieben.

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Sebastian
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Sebastian » 18. Jun 2020, 17:55

Hi, Tom,

was Klaus schrieb.

Zu deinen beiden Videobeispielen: Das sind jeweils einchörige Instrumente, also mit nur einer Stimmzunge pro Ton. Die klingen deutlich anders als ein Bandoneon.

Wenn dir der »echte« Bandoneonklang also nicht so wichtig ist, dann kannst du dich natürlich auch ganz generell umschauen, welches Instrument a) vernünftig klingt, b) alle Töne hat und c) einfach zu spielen ist. Standardinstrumente im ganz frühen Tango waren ja Geige und Gitarre. Das wäre doch auch was. Oder Klavier/Keyboard. Keyboard ist eh billiger, und außerdem findet man dafür problemlos Lehrer.

Ein mittelgroßes Pianoakkordeon ginge auch, wäre sogar noch halbwegs »stilecht«, weil die das (nach meinen sehr rudimentären Tangokenntnissen -- du weißt es wahrscheinlich eh besser) hier in Frankreich/Europa, als der Tango zum ersten Mal hierher schwappte, ja meistens eh mit’m Pianoakkordeon gespielt haben. Is aber teurer als Gitarre oder Keyboard.

Tom
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Tom » 19. Jun 2020, 06:27

Hallo Sebastian,
danke für die Nachricht.
So wie der Spieler in dem Weinkeller - das reicht mir schon.
Wo bekomme ich denn so ein Instrument am besten und AnfägerGünstig, bis sich heraus stellt, das ich den Blasebalg als Feueranfacher her nehme...
Gruß, Tom

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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Sebastian » 19. Jun 2020, 16:32

Tom hat geschrieben:
19. Jun 2020, 06:27
So wie der Spieler in dem Weinkeller - das reicht mir schon.
Wo bekomme ich denn so ein Instrument am besten und AnfägerGünstig, bis sich heraus stellt, das ich den Blasebalg als Feueranfacher her nehme...
Das Instrument, das der im Weinkeller spielt, ist eine recht teure Ausführung einer Wicki/Hayden-Duettkonzertina, ich weiß aber nicht von welchem Hersteller.

Mehr zur Knopfbelegung: http://www.concertina.com/hayden-duet/index.htm

Für einen ersten Preiseindruck kannst du z. B. bei der Diatonie vorbeischauen: http://diatonie.de/shop/concertina-stagi.html

Ich kenne deinen Hintergrund nicht, bin aber wie Klaus skeptisch, dass dich so eine Konzertina tatsächlich zufriedenstellen wird. Immerhin ließe sie sich aber wahrscheinlich mit relativ geringem Wertverlust weiterverkaufen.

Tom
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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Tom » 19. Jun 2020, 17:27

Sebastian, merci,
500,- drüber wollte ich nicht gehen...ist diese eine Option?
'Stagi W-15-MS (aus Deinem Link)

Recherchiert man Duett-Konzertina, kommen auch günstigere...was ist damit?

Gruß, Tom

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Re: Tango spielen - mit einer Konzertina?

Beitrag von Sebastian » 19. Jun 2020, 19:02

Tom hat geschrieben:
19. Jun 2020, 17:27
500,- drüber wollte ich nicht gehen...ist diese eine Option?
'Stagi W-15-MS (aus Deinem Link)
Das ist keine Duett, sondern eine anglo-german concertina ("Anglo"). Die ist im Gegensatz zu jeder Duett wechseltönig. Die Anglo ist prinzipiell ein interessantes Instrument, aber damit würdest du dir – zumindest fürs Tangomusizieren – noch zusätzliche Probleme aufladen. Man kann sicherlich auch damit irgendwie Tangomusik spielen. Man kann aber auch auf einer singenden Säge Tango machen.

Die Stagiinstrumente (und überhaupt alle Konzertinen in dieser Preisklasse) klingen nochmal deutlich anders (man könnte auch sagen "billiger") als die Weinkellerkonzertina. Außerdem haben eigentlich alle, die ich kenne, mechanische Problemchen. Die kann man meistern, aber ist halt zusätzlicher Aufwand, auch nervlicher.

Das Weinkellerinstrument entspräche eher der Peacock unten auf der Seite.
Recherchiert man Duett-Konzertina, kommen auch günstigere...was ist damit?
Noch billigere Duettkonzertinas? Na ja, Schund halt. Müsste man konkret sehen.

Ich persönlich halte all diese Konzertinen nicht für das richtige Instrument, aber das ist natürlich nur meine Meinung. Du solltest dir mal ein paar Konzertinen persönlich ansehen, am besten auf einem Konzertinatreffen. Ist halt nur grad doof wegen Corona. :cry:

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